Manon Gropius (1916-1935)
Almas dritte Tochter

Am 5. Oktober 1916 brachte Alma ihrem Ehemann Walter Gropius ein Mädchen zur Welt, das vom ersten Augenblick an alle in seinen Bann zog. »Sein Geist, mein Körper! Unser beider Vollendung muß einen Halbgott entstehen lassen!» Manon bezauberte alle Besucher, «sie verbreitete Scheu mehr noch als Schönheit um sich, eine Engels–Gazelle vom Himmel!» (Elias Canetti). Im April 1934 klagte sie eines Abends in Venedig über rasende Kopfschmerzen, der Arzt wurde gerufen, innerhalb weniger Stunden war Manon gelähmt. Kinderlähmung. Sie war siebzehn Jahre alt. Zurück in Wien saß die bezaubernde Manon, die gerne Schauspielerin geworden wäre, angezogen und herausgeputzt in einem Rollstuhl und wurde in dem großen Haus auf der Hohen Warte herumgeführt. Sie starb ganz plötzlich, am Ostermontag des Jahres 1935. In Erinnerung an Manon Gropius komponierte Alban Berg sein Violinkonzert und widmete es «dem Andenken eines Engels».